Die Wärmewende ist off-track

Eine im Juni 2020 veröffentlichte Studie1, die vom Mieterbund und Verbänden der Wohnungswirtschaft in Auftrag gegeben wurde, kam zu dem Schluss, dass

  • es im Gebäudebereich eine Riesenförderlücke von bis zu 14 Mrd. € jährlich gäbe, um die nötigen Sanierungen wirtschaftlich und sozialverträglich durchführen zu können,
  • mehr Förderflexibilität notwendig sei,
  • es sinnvoll sei, nicht nur auf Dämmung zu setzen, sondern
  • dass relativ kurzfristig CO2 sparende Heizungslösungen verwirklicht werden sollten, z.B. aus erneuerbaren Quellen gespeiste Wärmenetze.

Fernwärmenetze sind laut dieser Studie eines der Lösungsansätze für die große Aufgabe der Dekarbonisierung des Gebäudesektors, und, wie wir meinen, gerade auch für den dörflichen Baubestand. Sie verdienen mehr Aufmerksamkeit. Das gilt für die schon bestehenden Fernwärmenetze: in unserem Landkreis gibt es mehr als 10 weitere dörflich / kleinstädtische Fernwärmenetze, deutschlandweit sind es über 100. Jedes zusätzlich angeschlossene Haus trägt zur Wärmewende bei.

Aber es sollte auch leichter möglich sein, neue Wärmenetze zu bauen, denn solche Projekte sind eine große Herausforderung und viele diesbezügliche Initiativen werden deswegen aufgegeben.

Unser Fernwärmeprojekt wurde im Jahre 2020 erfolgreich zu Ende geführt.

Aber, wie viele wissen, war die Umsetzung des Projekts eher schwierig und für alle Beteiligten sehr anstrengend. Auch wirtschaftliche Verluste mussten verkraftet werden.

Wir fänden es sehr schade, wenn wir deswegen nicht als Vorbild sondern ‚nachhaltig‘ als abschreckendes Beispiel dienen würden. Das wäre auch nicht angemessen.

Dass unsere, vom Grundsatz her sinnvolle, lokale Lösung für diese Problematik fast scheiterte und andernorts gar nicht erst versucht wird, hat strukturelle Gründe und ist nicht auf das Versagen der Akteure zurückzuführen, auch wenn durch ein gutes Zusammenspiel der Beteiligten erfolgreiche Projekte trotz der strukturellen Mängel möglich sind, wie die vielen erfolgreichen Bioenergiedörfer in unserem Landkreis zeigen.

Wie diese sind wir eigentlich eines der ‚innovativen Praxisbeispiele‘, an die laut Nachhaltigkeitsrat anzuknüpfen wäre. Dieser forderte im Jahr 2019 unter der Überschrift „Die Strategie muss liefern2 Taten statt Worte und empfahl, „… an die innovativen Praxisbeispiele anzuknüpfen, mit denen Initiativen in der Gesellschaft und von Unternehmen das Leitbild der Nachhaltigkeit eigenverantwortlich umsetzen. […] Konsequent und kreativ zu organisieren ist das produktive Zusammenwirken dieses Potenzials mit solchen Rahmenbedingungen, die Zielkorridore verbindlich gestalten und staatlich verantworten.“

Wenn wir also die Wärmewende tatsächlich voran treiben wollen, gilt es aus den positiven und negativen Erfahrungen solcher Initiativen zu lernen und auf den unterschiedlichen politischen Ebenen Unterstützungsmöglichkeiten zu entwickeln. Deswegen haben wir einen offenen Brief an unseren Bundestagsabgeordneten, Herrn Sören Bartol, geschrieben.

1 https://www.haufe.de/immobilien/wohnungswirtschaft/studie-klimaziel-in-wohngebaeuden-es-hakt-bei-der-foerderung_260_517966.html
2https://www.nachhaltigkeitsrat.de/wp-content/uploads/2019/06/RNE-Position_NHS_2020.pdf

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