Sehr geehrter Herr Bartol,
inzwischen ist es offiziell: Die Wärmewende ist off track, die Klimaziele für 2020 wurden in diesem Bereich nicht erreicht, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat muss nun innerhalb von 3 Monaten Vorschläge zur Abhilfe machen.
Als Bioenergiegenossenschaft, die ein Fernwärmenetz umgesetzt hat, wenden wir uns mit diesem offenen Brief an Sie, weil Sie unser Kreis-Abgeordneter in Berlin und zudem auch Mitglied des zuständigen Bundestagsausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen sind.
Unsere Partner und wir können sehr stolz darauf sein, dass unser Fernwärmeprojekt erfolgreich zu Ende geführt wurde, und dass außerdem nun auch moderne FTTH Anschlüsse für fast alle Gebäude im Dorf zu haben sind. Auch wenn die Genossenschaft das Netz inzwischen an die EAM verkauft hat, liegt uns sehr daran, dass es weiter wächst und auch wirtschaftlich erfolgreich ist, und dass vielleicht auch andere Dörfer – trotz aller Hindernisse – eigene Fernwärmenetze bekommen.
Denn in unserem ländlichen Raum können viele Besitzer alter Bestandsgebäude nicht so einfach ihre Häuser nach modernen Qualitätsstandards dämmen. Es ist für sie auch schwierig, zufriedenstellende Alternativen zu den alten Ölheizungen zu finden. Die Gefahr besteht, dass Ausnahmen die Regel werden, und Ölheizungen weiterhin nicht massenhaft abgeschafft sondern nur durch effizientere Modelle ersetzt werden. Gleichzeitig eignen sich die Dörfer in unserer Gegend wegen der relativ engen Bebauung gut für Wärmenetze.
Wie Sie sicherlich wissen, hängt die Wirtschaftlichkeit von Fernwärmenetzen entscheidend von der Anschlussdichte, d.h. der Zahl der angeschlossenen Häuser, ab.
Der Bund kann die Akzeptanz von Fernwärmenetzen entscheidend durch folgende Maßnahmen erhöhen:
- Wenn ein Fernwärmenetz zur Verfügung steht, sollten weniger umweltfreundliche Lösungen, z.B. eine Öl-Brennwertheizung in Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage, nicht förderfähig sein.
- Die Attraktivität des Anschlusses von Neubauten / Neubaugebieten an ein bestehendes Fernwärmenetz durch entsprechende Fördermöglichkeiten muss gesichert sein.
- Bestehende und insbesondere zu bauende Wärmenetze müssen preislich mit anderen Heizungslösungen konkurrieren können, neben der CO2 Bepreisung fossiler Energiequellen wären dazu auch flexiblere Fördermöglichkeiten und Sicherheiten wichtig, die besser an die jeweiligen Anforderungen lokaler Projekte angepasst werden könnten,
- Projekte wie das unsere, bei denen die Verwertung von Biomassen mit dem Betrieb einer entsprechenden Heizzentrale und einem Wärmenetz kombiniert sind, sind nur durch die lokale Zusammenarbeit verschiedener Akteure möglich. Dazu bedarf es der Stärkung kommunalen Organe, damit diese weit aktiver als bisher Klimaschutz-projekte initiieren und vorantreiben können.
Wir bitten Sie, unser Anliegen bei den nun anstehenden politischen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen.
Sehr gerne stehen wir für ein persönliches Gespräch mit Ihnen zu diesem Thema zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Vorstand und Aufsichtsrat der Bioenergiegenossenschaft Kleinseelheim
Ulrike Simon, Prof. Dr. Rainer Waldhardt, Kurt Gibson
Dr. Gerhard Köster, Armin Kreider, Armin Bothur, Klaus Czekalla
Anlagen: