Podiums- diskussion

Bericht zur Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema Dorfentwicklung am 20.11.2015 im Dorfgemeinschaftshaus Kleinseelheim

Dorfentwicklung: Stillstand ist Rückschritt

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Prof. Waldhardt begrüßt die Gäste

Alle Redner der Veranstaltung zum Thema Dorfentwicklung, zu der die Bioenergiegenossenschaft Kleinseelheim am 20.11.2015 in das Kleinseelheimer Dorfgemeinschaftshaus eingeladen hatte, stimmten der Aussage des Vorstandsmitglieds der Genossenschaft Rainer Waldhardt zu: Stillstand ist Rückschritt. Rainer Waldhardt sagte dies zu Beginn der Veranstaltung, zu der er auch als Ortsvorsteher alle Gäste aus Kleinseelheim und von außerhalb des Ortes herzlich willkommen hieß.

Stadtteile attraktiv machen

Im Fokus des Abends stand das Thema der Dorfentwicklung in den Stadtteilen Kirchhains. Es ging nicht allein um die Weiterentwicklung Kleinseelheims und auch nicht schwerpunktmäßig um das Thema Nahwärmenetz Kleinseelheim. Vielmehr stand bezogen auf alle Kirchhainer Stadtteile die Frage im Raum, auf welche Art und Weise, mit welchen Strukturen und Programmen Dorfentwicklung vorangebracht werden kann, um z.B. die künftigen Folgen des demografischen Wandels möglichst gut meistern zu können und die Stadtteile für Neubürger   noch attraktiver zu machen. Denn, wenn dies nicht gelingt, drohen z.B. Überalterung und Leerstand und damit verbunden Wertverlust von Immobilien und Grundbesitz, für den gleichzeitig mehr und mehr Steuern zu zahlen sind.

Wie können Hürden überwunden werden?

Daher hat sich auch in Kleinseelheim in den zurückliegenden Jahren einiges bewegt: Es wurden z.B. Bürgerinformationen und ein Weltcafé durchgeführt, Ausstellungen zum Thema Energie und Wärmedämmung gezeigt, ein Scheunen-Workshop organisiert, das Ehrenamt gewürdigt und Sponsoren gedankt, die kleine Schritte der Dorfentwicklung unterstützt haben.Aber wir alle erleben immer wieder Grenzen der Weiterentwicklung. Ist die Hauptursache dafür das oft fehlende Geld oder ist es fehlende Information zu Fördermöglichkeiten oder mangelnde Unterstützung auf kommunaler Ebene? Diese Fragen und einige mehr wurden in der Veranstaltung angesprochen.

Möglichkeiten und Grenzen des Hessischen Dorfentwicklungsprogramms
Förderungsmöglichkeiten mit LEADER

Herr Schulte
Herr Schulte bei seinem Vortrag über die LEADER Region Burgwald-Ederbergland

In das Thema Dorfentwicklung einführend sprach Herr Schulte, der Regionalmanager der LEADER Region Burgwald-Ederbergland, zu der auch Kirchhain gehört. Er informierte zunächst über Möglichkeiten und Grenzen des Hessischen Dorfentwicklungsprogramms und danach über die Förderung von LEADER-Projekten, u.a. mit einem kleinen Film der anschaulich zeigte, was LEADER eigentlich ist und wie die LEADER-Förderung funktioniert.

 

Podiumsdiskussion

Im Anschluss an die Ausführungen von Herrn Schulte fand eine Podiumsdiskussion statt, die von Frau Soboth vom Institut für Regionalmanagement in Gießen moderiert wurde. Auf dem Podium saßen mehrere Parteienvertreter des Kirchhainer Stadtparlamentes: Herr Pöppler, der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Hausmann, der Fraktionsvorsitzende der SPD und SPD-Bürgermeisterkandidat, sowie Frau Sitt von der Fraktion Bündnis 90/Grüne. Aus Termingründen abgesagt hatten die ebenfalls eingeladenen Vertreter der FDP und der Partei Die Linke.

Die Diskussionsrunde: v.l.n.r. Frau Sitt (Bündnis 90/Grüne), Herr Hausmann (SPD), Frau Soboth, Herr Pöppler (CDU), Herr Schulte
Die Diskussionsrunde: v.l.n.r. Frau Sitt (Bündnis 90/Grüne), Herr Hausmann (SPD), Frau Soboth, Herr Pöppler (CDU), Herr Schulte

Trotz knapper Kassen und bürokratischer Hindernisse Chancen nutzen

In der über einstündigen Podiumsdiskussion waren sich alle darin einig, dass der mit dem Hessischen Dorfentwicklungsprogramm und der LEADER-Förderung verbundene „bürokratische“ Aufwand leider hoch sei, die maximale Höhe der Förderung heute deutlich niedriger sei als früher und außerdem der Zeitraum von der Planung einer Förderung und bis hin zum Abschluss der Umsetzung oft zu lang sei. Im Übrigen offenbartensichim Verlauf der Podiumsdiskussion deutliche Unterschiede zwischen den Vorstellungen der Parteienvertreter, auf welche Art und Weise Dorfentwicklung über die von Herrn Schulte vorstellten Programme und Projekte sowie über weitere Fördermöglichkeiten in den Stadtteilen Kirchhains vorangebracht werden kann.
Herr Pöppler (CDU) vertrat die Position, dass die Initiative zur Weiterentwicklung aus den Dörfern herauskommen müsse und dann zu entscheiden sei, welche der in den Dörfern entwickelten Ideen umzusetzen seien. Dabei verwies er darauf, dass die Informationen über Fördermöglichkeiten für jeden z.B. über Zeitung oder Internet verfügbar seien. Herr Pöppler veranschaulichte seine Herangehensweise am Beispiel seiner beruflichen Tätigkeit am Landratsamt. Auch dort sammle er als Leiter des Fachbereichs Familie, Jugend und Soziales Anregungen, lege diese in Schubladen ab und prüfe dann die Umsetzbarkeit. Auf Nachfrage der Moderatorin, welches Informationsangebot zum Thema Dorfentwicklung von der Kommune für die Stadtteile bestehe, verwies Frau Sitt (Bündnis 90/Grüne) auf die Amtlichen Bekanntmachungen im Kirchhainer Anzeiger und die Internetseite der Stadt. Und natürlich könne man sich auch an die zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung wenden. Auch Herr Hausmann (SPD) ging auf die Bedeutung von Initiativen aus den Stadtteilen ein, betonte aber, dass Kommunalpolitiker, Stadtverwaltung und besonders auch der Bürgermeister diese Initiativen unterstützen müssten, und dass darüber hinausgehend den Bewohnern der Dörfer Hilfen und Anregungen gegeben werden müssten. Und es sei wichtig, die meist ehrenamtlichen Aktivitäten der Bürger der Stadtteile angemessen zu würdigen und immer wieder das Gespräch zu suchen. Alle Kommunalpolitiker/innen waren sich einig, dass es einerseits wichtig sei, dem speziellen Charakter der einzelnen Stadtteile Rechnung zu tragen, dass aber andererseits auch die Stadtteile sich nicht nur gegenseitig als Konkurrenten betrachten, sondern Wege der Zusammenarbeit suchen sollten.

Anliegen der Bürger/innen

Im Verlauf der Podiumsdiskussion hatten die Zuhörer mehrfach die Gelegenheit, Fragen zu stellen oder ihre Sichtweise darzulegen.

Der Wasserkocher im Hintergrund war übrigens eine der wenigen vom Magistrat genehmigten Ausgaben im Rahmen der Verfügungsmittel von 2000€.
Der Wasserkocher im Hintergrund war übrigens eine der wenigen vom Magistrat genehmigten Ausgaben im Rahmen der Verfügungsmittel von 2000€.

So gab es Nachfragen dazu, ob und wie Projekte einzelner Bürger z.B. im Bereich der Gebäudesanierung über LEADER gefördert werden können. Und es gab mit Hinweis auf die Bedeutung von Transparenz bei Entscheidungsfindungen Nachfragen zur aktuellen Situation der Grünflächenpflege in Kleinseelheim und zur Freigabe bzw. Nicht-Freigabe der Verfügungsmittel, die der Ort bislang für kleine Schritte der Dorfentwicklung, wie z.B. für die Ausstattung des Dorfgemeinschaftshauses mit moderner Technik, genutzt werden konnten, aber vor dem Hintergrund des „Rettungsschirms“, dem die Kommune unterliegt, im laufenden Jahr nur in geringem Umfang durch den Magistrat bzw. den Bürgermeister „freigegeben“ wurden. Zu diesem Thema wiesen alle Parteienvertreter darauf hin, wie wichtig es sei, im laufenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Herr Hausmann fügte hinzu, dass er beim Thema der Verfügungsmittel aber ein flexibleres Entscheidungsverhalten als wichtig ansehe, besonders aus dem Grund, dass Verfügungsmittel für Vorhaben genutzt werden sollten, die aus der Sicht der Bewohner der Stadtteile, vertreten durch die Ortsbeiräte, als wichtig erachtet würden.

Ausblick: Im März 2016 sind Kommunalwahlen

Am Ende der Veranstaltung dankte Rainer Waldhardt allen Teilnehmern für den informativen Abend, der deutliche Unterschiede zwischen den Vorstellungen der Pateienvertreter in Bezug auf Dorfentwicklung erkennen ließ, und wies abschließend auf die im März 2016 anstehende Ortsbeiratswahl hin. Denn am Dienstag (24.11.15) soll die Kandidatenliste der „Gemeinschaftsliste Kleinseelheim“ aufgestellt werden.

Alle Parteien unterstützen Nahwärmenetzvorhaben der Bioenergiegenossenschaft

Für das Vorhaben der Bioenergiegenossenschaft sind die unterschiedlichen Ansichten der Parteienvertreter, auf welche Art und Weise Dorfentwicklung voranzubringen ist, wohl zweitrangig. Denn in den zurückliegenden Monaten haben sich alle im Kirchhainer Stadtparlament vertretenen Parteien und auch der Bürgermeister für das Projekt ausgesprochen. Und im Entwurf des Haushaltsplans 2016 sind 25.000 Euro für das Projekt eingestellt. Was die unterschiedlichen Positionen der Parteienvertreter aber für weitere Vorhaben der Dorfentwicklung in Kleinseelheim und den übrigen Stadtteilen Kirchhains bedeuten, kann sich nun (bis zur Kommunalwahl im März) jede/r selbst fragen.

Der Vorstand der Bioenergiegenossenschaft Kleinseelheim
(Armin Bothur, Ulrike Simon, Prof. Dr. Rainer Waldhardt)